Die Wiener Spitäler stehen vor einer nie dagewesenen Herausforderung: Die geburtenstarken Jahrgänge, die Rückgrat und Herzblut des Gesundheitssystems waren, gehen allmählich in den Ruhestand. Doch wer füllt die Lücke, die sie hinterlassen? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Verantwortlichen, sondern auch jeden Bürger, der auf eine stabile Gesundheitsversorgung angewiesen ist.

Der drohende Engpass: Ein Blick auf die Zahlen

Laut einer aktuellen Mitteilung der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien (Quelle: OTS) ist die Lage alarmierend. Monat für Monat verlieren die Spitäler qualifizierte Fachkräfte, die nicht nur als Ärzte, sondern auch als Mentoren und Ausbilder eine zentrale Rolle spielen. Besonders betroffen sind hochspezialisierte Bereiche, in denen es Jahre dauert, das notwendige Erfahrungswissen zu erlangen.

Ein Blick in die Vergangenheit: Wie kam es dazu?

Die Problematik ist nicht neu. Bereits in den 1980er Jahren warnten Experten vor einem drohenden Ärztemangel, als die geburtenstarken Jahrgänge in den Beruf eintraten. Doch die damaligen Maßnahmen reichten nicht aus, um langfristig gegenzusteuern. Heute zeigt sich, dass die Nachfolgeplanung unzureichend war, und die Spitäler stehen vor einem personellen Vakuum.

Die Lösung: Pensionierte Ärzte im Einsatz

Als potenzielle Lösung schlägt die Kammer vor, pensionierte Ärzte gezielt im System zu halten. Die Idee ist einfach, aber genial: Wer nach dem Erreichen des Ruhestandsalters noch arbeitsfähig und -willig ist, soll die Möglichkeit haben, weiterhin im Spital tätig zu sein – sei es in der Supervision, Lehre oder in der klinischen Praxis.

Ein erfahrener Experte kommentiert: „Das Wissen und die Erfahrung, die pensionierte Ärzte mitbringen, sind unbezahlbar. In einer Zeit, in der junge Ärzte noch in der Ausbildung stecken, können diese erfahrenen Fachkräfte die Lücke schließen und die Qualität der Versorgung aufrechterhalten.“

Vorteile für die Gesellschaft

Die Vorteile dieser Initiative sind vielfältig:

  • Erhaltung von Know-how und Expertise im Gesundheitssystem.
  • Entlastung der jungen Ärzte, die von der Erfahrung ihrer älteren Kollegen profitieren.
  • Sicherung der Betreuungsqualität für Patienten.

Doch wie realistisch ist diese Lösung? Die Kammer betont, dass absolute Freiwilligkeit der Schlüssel ist. Niemand soll gezwungen werden, länger zu arbeiten. Stattdessen geht es darum, eine Plattform zu schaffen, die es ermöglicht, freiwillig und flexibel weiter tätig zu sein.

Politische Dimension: Der Wiener Gesundheitsverbund in der Verantwortung

Der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) ist gefordert, diese Möglichkeit flächendeckend umzusetzen. Laut der Kammer gibt es bereits Gespräche mit der Generaldirektion des WIGEV, um diese Modelle zu etablieren. Dabei geht es nicht nur um die schlichte Weiterbeschäftigung, sondern auch um die Schaffung klarer Prozesse, die eine einfache Umsetzung ermöglichen.

Ein Insider aus der Gesundheitsbranche erklärt: „Der politische Wille ist entscheidend. Es bedarf keiner Gesetzesänderung, sondern lediglich der Bereitschaft, diese Möglichkeit zu nutzen. Wien könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen und ein Zeichen setzen.“

Vergleich mit anderen Bundesländern

Interessant ist der Vergleich mit anderen Bundesländern. In einigen Regionen Österreichs wurden bereits ähnliche Modelle getestet, mit durchwegs positiven Ergebnissen. Vor allem in ländlichen Gebieten, wo der Ärztemangel noch gravierender ist, haben pensionierte Ärzte entscheidend zur Stabilisierung der Versorgung beigetragen.

Die Perspektive: Ein Blick in die Zukunft

Wie könnte die Zukunft aussehen, wenn Wien diesen Weg beschreitet? Experten sind optimistisch: „Die Einbindung erfahrener Ärzte könnte nicht nur den aktuellen Engpass lindern, sondern auch langfristig zur Stabilität des Systems beitragen. Junge Ärzte würden von einer intensiven Betreuung profitieren und schneller in ihre Rolle hineinwachsen.“

Die Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien sieht in dieser Initiative einen Wendepunkt. Sie fordert den Wiener Gesundheitsverbund auf, schnell zu handeln und die notwendigen Strukturen zu schaffen. Dabei geht es nicht nur um die unmittelbare Lösung eines Problems, sondern um die langfristige Sicherung der Gesundheitsversorgung in der Stadt.

Fazit: Eine Chance für alle Beteiligten

Für die Bürger bedeutet dies eine verlässliche Gesundheitsversorgung, für die Spitäler die Erhaltung von Qualität und Expertise. Und für die pensionierten Ärzte bietet sich die Möglichkeit, weiterhin einen wertvollen Beitrag zu leisten, ohne auf den wohlverdienten Ruhestand verzichten zu müssen.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob Wien den Mut hat, diese innovative Lösung umzusetzen. Eines steht fest: Die Stadt hat es in der Hand, mit gutem Beispiel voranzugehen und eine neue Ära der Gesundheitsversorgung einzuläuten.