Wien (OTS) – LAbg. Selma Arapovic (NEOS) konzentrierte sich in ihrer
Rede auf die
konkrete Beschlussmaterie der Geschäftsordnungsreform. Die Inhalte
seien bereits ausführlich präsentiert worden, weshalb sie sich in
ihrer Wortmeldung auf zwei zentrale Punkte beschränkte. Zum einen hob
sie die geplanten Änderungen bei der Befangenheit hervor. Diese
Neuerungen würden es Mandatar*innen ermöglichen, sich im Rahmen ihrer
Arbeit rechtzeitig abzugrenzen und damit zu schützen. Besonders
sinnvoll sei ihrer Ansicht nach die Einrichtung eines Compliance
Officers für klubungebundene Mandatar*innen. Dabei handle es sich
nicht um ein Kontrollorgan, sondern um eine beratende Instanz, an die
sich Abgeordnete wenden könnten, wenn Klärungsbedarf bestehe. Zum
anderen übte Arapovic Kritik am Verhalten der Grünen. Ihrer
Einschätzung nach sei es im Laufe der Verhandlungen zu einem
plötzlichen Meinungsumschwung gekommen. Während zuvor noch Konsens
signalisiert worden sei, habe es später geheißen: „Vielleicht doch
lieber nicht.“ Sie vermutete parteipolitisches Kalkül hinter diesem
Kurswechsel – möglicherweise im Zusammenhang mit dem vorgezogenen
Wahltermin. Die NEOS-Mandatarin betonte, dass der Weg zur Reform lang
gewesen sei, ihre Partei sich aber intensiv damit auseinandergesetzt
habe. Man habe aktiv den Dialog mit allen Fraktionen gesucht und
konstruktiv an der Ausarbeitung mitgewirkt. Arapovic bedankte sich
ausdrücklich bei allen Beteiligten, die sich engagiert eingebracht
hätten. Die vergangenen fünf Jahre der Zusammenarbeit bezeichnete sie
als positiv. Sie freue sich auf die kommenden fünf Jahre, so ihr
abschließendes Resümee.
LAbg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) schloss sich in ihrer Rede den
Danksagungen an die scheidenden Gemeinderatsmitglieder an und
wünschte den künftigen Mandatar*innen viel Glück. Sie erinnerte
daran, dass sie selbst bei den Verhandlungen zur
Geschäftsordnungsreform beteiligt gewesen sei und daher genau wisse,
an welchen Stellen ihre Fraktion Zustimmung hätte geben können. Es
habe viele Möglichkeiten dafür gegeben, betonte sie. In diesem
Zusammenhang wies Kickert die Darstellung zurück, die Grünen würden
„alles anders sehen“ – das sei nicht fair und werde der gemeinsamen
Arbeit nicht gerecht. Die Grünen hätten sich, so die Mandatarin, mit
klaren Zielen in die Verhandlungen eingebracht: eine Verbesserung bei
den Untersuchungskommissionen, die Korrektur fehlerhafter Regelungen
zum Fragerecht bei ausgelagerten Unternehmen, präzisere Bestimmungen
zur Notkompetenz sowie die Übernahme bestehender
Fraktionsvereinbarungen in die Geschäftsordnung. Von diesen vier
zentralen Anliegen sei laut der Rednerin jedoch nur eines tatsächlich
umgesetzt worden. Für Kickert bedeutete das: Drei von vier ihrer
Kernpunkte seien nicht berücksichtigt worden. Zwar seien viele neue
Regelungen, die bereits beschlossen worden waren, nun auch umgesetzt
worden. Und ja, es gebe einzelne Verbesserungen, räumte sie ein. Ein
tatsächliches „Entgegenkommen gegenüber der Opposition“ habe Kickert
jedoch nicht erkennen können. Die Abgeordnete sprach von einem „3 zu
1“-Verhältnis, das für sie deutlich mache, warum sich ihre Fraktion
der Reform letztlich nicht anschließen könne. Sie unterstrich, dass
alle Beteiligten mit dem Wunsch in den Prozess gegangen seien, ein
gemeinsames Ergebnis zu erzielen. Bis zuletzt sei die Bereitschaft
zum Kompromiss vorhanden gewesen. Doch am Ende habe es schlicht
„nicht gereicht“, so Kickert wörtlich. Deshalb sage ihre Fraktion
„nein“, wenn auch „mit allem Bedauern“. Sie hoffe dennoch, dass man
diese Entscheidung zur Kenntnis nehmen könne, ohne daraus politische
Feindseligkeit zu konstruieren. Künftige Novellen würden neue Chancen
für Zusammenarbeit und Verbesserungen bringen. Sie wolle „ohne böses
Blut abschließen“ und kündigte an, dass ihre Partei weiterhin an
Verbesserungen in der Geschäftsordnung und in der Stadtverfassung
mitarbeiten werde.
LAbg. Mag. Josef Taucher (SPÖ) bedankte sich in seiner Rede
ausdrücklich bei seinem Vorredner Kowarik für dessen inhaltliche
Ausführungen sowie bei seiner Vorrednerin für deren verbindliche
Worte. Die von der ÖVP geäußerte Kritik konnte er nicht
nachvollziehen. Es erwecke den Eindruck, so Taucher, als habe sich
diese Fraktion die Ergebnisse und Stellungnahmen im Rahmen des
Prozesses nicht ausreichend angesehen. Reindl zeigte sich überzeugt
davon, dass man sich mit der Reform in eine „gute Richtung“ bewege.
In den Verhandlungen sei „viel Herzblut“ geflossen. Insgesamt habe
man sich auf 16 von 17 Punkten einigen können – das sei aus seiner
Sicht ein beachtlicher Fortschritt. Er betonte, dass es sich um einen
dynamischen Prozess handle, der auch künftig weitergeführt werde.
Taucher hob hervor, dass von allen Parteien positive Beiträge
gekommen seien. Auch kleine Schritte seien seiner Meinung nach
wichtig, insbesondere wenn es darum gehe, die Rechte der Opposition
zu stärken. In diesem Zusammenhang appellierte er an die
konkurrierenden Parteien, sich zu überlegen, wie man den Prozess
konstruktiv weitergestalten könne. Er hoffe noch auf eine heutige
Zustimmung, zumindest in Teilen. Zur Digitalisierung merkte Taucher
an, dass diese nicht immer in einem einzigen großen Schritt
umzusetzen sei. Oft bedürfe es einer schrittweisen Umsetzung. Das
Regelwerk, das man nun beschlossen habe, seien die Spielregeln, mit
denen künftig gearbeitet werde. Sein persönlicher Wunsch sei es, dass
diese auf einer möglichst „breiten Basis“ beruhen. Zum Abschluss
seiner Rede dankte Taucher allen Beteiligten für die konstruktiven
Debatten während der ablaufenden Legislaturperiode. Besonders
erinnerte er sich an zahlreiche interessante und auch „lustige“
Gespräche mit seinen Kolleg*innen im Gremium, die das gemeinsame
Arbeiten bereichert hätten.
GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) erklärte zu Beginn seiner Rede, dass
er sich nicht wiederholen wolle, da er bereits am Vortag ausführlich
zum Thema gesprochen habe. Dennoch ging er auf die Ausführungen von
GR Kowarik ein, denen er mit Blick auf dessen juristische
Argumentation nicht habe folgen können. Insbesondere bezog sich
Reindl auf mehrere zitierte Paragraphen, die seiner Ansicht nach
nicht korrekt wiedergegeben worden seien. Im Zentrum der aktuellen
Debatte stehe laut Reindl die Reform der Regeln zur
Untersuchungskommission (UK), womit man sich im Bereich des
Stadtrechts bewege. Hierzu sei viel geprüft und diskutiert worden.
Reindl kritisierte die häufige Praxis der Opposition, aus
verschiedenen Gesetzesquellen zu zitieren und zu fordern, dass diese
auf die Stadt Wien anwendbar seien. Dies sei rechtlich jedoch nicht
in der gewünschten Weise „gestrickt“, erklärte er. Zur konkreten
Reform der Untersuchungskommission führte Reindl aus, dass man
erkannt habe, wie notwendig Verbesserungen in diesem Bereich seien.
So habe man sich beispielsweise auf ein neues Verfahren zur
einvernehmlichen Auflösung von Untersuchungskommissionen geeinigt.
Auch das Verfahren zur Auslosung des Vorsitzes sei angepasst worden.
Um ein möglichst rasches Arbeiten zu ermöglichen, sollen künftig auch
Ersatzmitglieder mitausgelost werden – das spare Zeit. Zudem seien
die Aufgaben des Vorsitzes neu geregelt worden. Auch das sogenannte
Schiedsgremium, das über die Zulässigkeit von Beweisanträgen
entscheidet, solle gestärkt werden. Dadurch verspreche man sich, so
der SPÖ-Abgeordnete, eine höhere Qualität und bessere Klarheit bei
den Anträgen. Ein wesentlicher Punkt sei laut Reindl außerdem die
Einführung des Rechtsdienstes. Dieser solle vertieften Einblick in
die Vorgänge erhalten. Wenn dieser feststelle, dass Unterlagen zu
liefern seien, dann müsse dem auch Folge geleistet werden. In der
Praxis werde das zu einer spürbaren Verbesserung führen, so Reindl.
Reindl zeigte sich zuversichtlich, dass die beschlossenen Änderungen
künftig die Arbeit der Untersuchungskommissionen spürbar erleichtern
würden. Die Reformmaßnahmen seien ein Schritt hin zu mehr Effizienz
und Klarheit in der parlamentarischen Kontrolle, so Reindl.
Bedauerlich sei für ihn allerdings, dass es in dieser
Legislaturperiode nicht zur Einführung einer EU-Aktuellen Stunde im
Landtag gekommen sei. Dieses Vorhaben habe er als sinnvolle Ergänzung
zur politischen Debatte betrachtet. Die Umsetzung müsse nun in einer
künftigen Legislaturperiode erfolgen, meinte der Abgeordnete
abschließend.
Abstimmung: Die Verfassungsänderung wurde in erster Lesung
beschlossen. Es bedarf einer zweiten Lesung und Abstimmung, damit ein
Gesetz gültig wird. Für das sofortige Abhalten der zweiten Lesung gab
es nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Die zweite Lesung
findet in der nächsten ordentlichen Sitzung des Landtages statt. Die
Anträge der Opposition fanden ebenso keine Mehrheit.
Zum Abschluss der letzten Sitzung in der laufenden
Legislaturperiode gab Landtagspräsident Ernst Woller einen
statistischen Abriss über die vergangene Periode: Der Wiener Landtag
traf sich zu 41 Sitzungen, auf der Tagesordnung standen insgesamt 215
Tagesordnungspunkte. Es gab zwei Mitteilungen, 29 Aktuelle Stunden,
vier Dringliche Anfragen, fünf Dringliche Anträge, 187 Anfragen und
insgesamt 300 Beschluss- und Resolutionsanträge, sowie vier
Ordnungsrufe.
Der 41. Landtag endete um 16.09 Uhr.
Zwtl.: Service
In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und
Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat können Reden,
Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und
Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden.
Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (
sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) kri