Wien (OTS) – Entwurf eines Beschlusses, mit dem der Beschluss des
Wiener
Gemeinderates über die Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen
geändert wird, Änderungen der Geschäftsordnung für die Ausschüsse,
Unterausschüsse und Kommissionen sowie der Geschäftsordnung des
Gemeinderates der Stadt Wien
GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) erklärte, dass ihn das Thema
Fraktionsvereinbarungen in den vergangenen 18 Monaten besonders
beschäftigt habe. Ziel sei es gewesen, diese künftig in der
Geschäftsordnung zu regeln. Die Vorarbeiten hätten rund eineinhalb
Jahre gedauert, mit Gesprächen mit allen Fraktionen, sowohl gemeinsam
als auch einzeln, sagte der SPÖ-Mandatar. Man habe im Prozess
festgestellt, dass neben der Fraktionsvereinbarung auch weitere
Themen in das Regelwerk aufgenommen werden sollten. Reindl zeigte
sich zunächst zuversichtlich, bis vor einem Jahr ein Brief der FPÖ
einging, in dem sie ihren Rückzug aus den Gesprächen bekanntgab. Bis
heute habe er keine konkreten Forderungen dieser Partei erhalten,
sagte Reindl. Er selbst habe niemanden ausgeschlossen, die FPÖ habe
sich jedoch jeder Diskussion entzogen, kritisierte er. Im Dezember
2024 habe es eine Einigung auf Grundzüge mit vier Parteien gegeben,
woraufhin die Magistratsdirektion beauftragt wurde, die
Vereinbarungen schriftlich auszuarbeiten. Aufgrund der vorgezogenen
Wahl habe man Ende März die finalen Gespräche geführt. Dabei sei es
zu Absagen der Grünen und der ÖVP gekommen. Einige Gründe seien
erklärt worden, andere blieben unklar, führte der Abgeordnete aus.
Reindl dankte hingegen den NEOS für ihre weitere Mitarbeit. Auch wenn
Fraktionsvereinbarungen weiterhin möglich bleiben, brauche es
verbindliche Regeln – etwa zum Rotationsprinzip, Anträgen oder
Fragestunden. Ein zentraler Punkt sei die Neuregelung zur
Befangenheit, da bestehende Regeln nicht mehr zeitgemäß gewesen
seien. Künftig werde es in Ausschüssen und Sitzungen strengere
Vorschriften geben. Zum Thema Redezeit meinte Reindl, es gehe nicht
um Einschränkung der Rechte, sondern um „mehr Fokus auf Inhalte“.
Kein Parlament in Österreich erlaube unbeschränkte Redezeiten, und
Landtage seien früher teils frühzeitig beendet worden. Man solle hier
„die Kirche im Dorf lassen“. Auch zur Untersuchungskommission werde
es neue Regeln geben, sagte Reindl abschließend.
GR Mag. Karim Rihan (NEOS) betonte in seiner Rede, dass
politische Realität nicht aus theoretischen Konzepten, sondern aus
praktischer Erfahrung entstehe. Die Arbeit auf Bezirksebene sei
„lebendig und herausfordernd“ – näher an den Menschen, aber auch
unmittelbar mit strukturellen Bedingungen konfrontiert, so der NEOS-
Abgeordnete. Gerade deshalb sei die vorliegende Reform für ihn eine
Maßnahme, die „aufräume und stärke“. Rihan hob hervor, dass alle
Bezirksvertretungen der Reform zugestimmt hätten und verwies in
Richtung der Grünen, von denen Kritik gekommen sei, jedoch keine
Zustimmung. Die Reform folge drei klaren Prinzipien: mehr
Transparenz, mehr Kontrolle und verstärkte Digitalisierung. Ein
zentrales Element sei, laut Rihan, die öffentliche Zugänglichkeit von
Bezirksvertretungssitzungen über die Mediathek, was den Bürger*innen
mehr Nachvollziehbarkeit ermögliche. Künftig sollen diese Sitzungen
auch durch Gebärdendolmetscher *innen begleitet werden, kündigte er
an. Auch das Anfragerecht solle modernisiert werden. Bezirksrät*innen
hätten bislang oft lange auf Antworten warten müssen – mit der Reform
solle eine mündliche Beantwortung bereits in jener Sitzung möglich
sein, in der die Anfrage gestellt werde. Rihan betonte,
„Digitalisierung ist kein Selbstzweck“. Vielmehr werde die technische
Infrastruktur vereinheitlicht, sodass alle Bezirke künftig auf
denselben digitalen Standard zurückgreifen können. Als ehemaliger
Bezirkspolitiker wisse er aus eigener Erfahrung, wie sehr bislang
eine Grundlage für digitale Akteneinsicht gefehlt habe. Mit der
Reform werde auch eine digitale Signatur eingeführt – ein Schritt hin
zu Teilhabe ohne „Papierhürde“. Für die Bürger*innen bedeute das mehr
Transparenz, für die Bezirksrätinnen mehr Kontrolle. Der Eingriff
erfolge genau dort, wo Politik am nächsten bei den Menschen sei,
nämlich „im direkten Kontakt mit der Bevölkerung“, schloss Rihan.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) bezeichnete die Debatte als
spannend und betonte, dass die Wahrnehmungen über den
Verhandlungsgegenstand stark auseinanderlägen. Sie hob zwei zentrale
Punkte hervor, die aus Sicht der Grünen zur Ablehnung der Reform
führten. Zum einen sei es für ihre Fraktion entscheidend gewesen,
dass bestimmte Inhalte Berücksichtigung finden. Wenn jedoch kein
einziges ihrer Anliegen aufgegriffen werde, könne sie einer Reform
nicht zustimmen. Sie kritisierte, dass zentrale Punkte der Grünen im
Verlauf der Gespräche nicht mehr diskutiert worden seien – dies sei
der Hauptgrund für die Ablehnung. Zum anderen betonte sie das Prinzip
der gemeinsamen Beschlussfassung. In der Vergangenheit seien
Änderungen an der Geschäftsordnung stets einstimmig beschlossen
worden. Nun sei dieser Konsens gebrochen worden, da bestimmte
Änderungen ohne Zustimmung der Opposition eingebracht worden seien.
Kickert stellte klar, dass es sich bei der Reform zwar nicht um einen
„großen Wurf“ handle, sie aber sowohl „Verbesserungen als auch
Verschlechterungen“ mit sich bringe. Ihrer Meinung nach sei keine der
Verbesserungen so bedeutend, dass sie ein Abgehen vom bisherigen
demokratiepolitischen Prinzip rechtfertige. Die Grünen, so Kickert,
seien sehr wohl kompromissfähig, doch sie vermissten eine
ausreichende Auseinandersetzung mit den vorgeschlagenen Änderungen
insbesondere im Bereich der Bezirksvertretungen. Deshalb bedaure sie
es, dass ihre Argumente offenbar nicht nachvollzogen worden seien, so
Kickert abschließend.
GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) erklärte, dass es
sich bei der diskutierten Geschäftsordnungsreform um ein zentrales
Thema handle. Sie betonte, dass innerhalb der Opposition in vielen
Argumentationspunkten weitgehende Einigkeit bestehe. Die Reform solle
das Ergebnis eines langen Prozesses gewesen, der darauf abgezielt
habe, die Spielregeln und die Zusammenarbeit im Haus neu zu
definieren. Auch in der Vergangenheit habe es immer wieder kleine wie
große Änderungen gegeben, bei denen oft auch die Opposition
zugestimmt habe. Selbst bei Themen wie Fraktionsvereinbarungen oder
den teils umstrittenen Covid-Einschränkungen, sagte Olischar. Die ÖVP
-Abgeordnete stellte jedoch gleich klar, dass es in diesem Fall um
weit mehr gehe als nur um formale Spielregeln. Es gehe um das
grundlegende Verhältnis zwischen Regierung und Opposition. Aus ihrer
Sicht werde die Opposition zunehmend von der Regierung als „lästig“
empfunden. Dabei, so Olischar, sei es im Wesen einer Demokratie, dass
die Opposition eine Gegenrolle einnehme. Gerade ihre Kontrollfunktion
und die Forderung nach Transparenz gegenüber der Mehrheit seien
essenziell für ein funktionierendes parlamentarisches System, merkte
sie an. Kritisch äußerte sich Olischar zum Thema
Interpellationsrecht. Laut offiziellem Regierungsmonitor gelte dieses
als „umgesetzt“, tatsächlich sei aber keine Ausweitung erfolgt. Das
empfinde sie als „nicht besonders redlich“. Zwar würdigte Olischar
das persönliche Engagement von GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) in den
Verhandlungen, letztlich zähle jedoch das Ergebnis. Und dieses sei
aus Sicht der ÖVP nicht zufriedenstellend. Insbesondere das Thema
Redezeit betreffe die Oppositionsparteien deutlich stärker, so
Olischar. Die geplanten Einschränkungen würden in erster Linie deren
Rechte beschneiden. Sie sprach sich dagegen aus, Effizienzmaßnahmen
mit angeblichen Verbesserungen der Kontrollrechte zu vermengen. Eine
tatsächliche Stärkung der Oppositionsrechte sei nicht erfolgt,
sondern es komme im Gegenteil zu weiteren Einschränkungen. Dies
geschehe laut Olischar ohne begleitende Gegenmaßnahmen. Dies lehne
ihre Fraktion entschieden ab. Abschließend betonte Olischar, dass es
keineswegs an Gegenvorschlägen seitens der Opposition gemangelt habe.
Verhandlungen bedeuteten Einigung und Kompromiss. Beides sei in
diesem Prozess aus ihrer Sicht nicht gelungen, weshalb ihre Partei
der Reform nicht zustimmen könne, schloss die Mandatarin.
GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) skizzierte in seiner Rede die
zentralen Änderungen der Geschäftsordnung und wies den Vorwurf
zurück, diese seien „am letzten Drücker“ beschlossen worden. Vielmehr
habe es sich um einen längeren, strukturierten Prozess gehandelt. In
Richtung der Grünen stellte Taucher klar, dass man auf Landesebene
handeln musste, da vonseiten des Bundes keine entsprechenden Impulse
gekommen seien. Bezüglich des Interpellationsrechts betonte er, dass
der Rechnungshof nach wie vor das stärkste Prüfmittel für die
Opposition darstelle. Dieser könne jederzeit angerufen werden. Zur
Einführung einer Bürgerfragestunde merkte Taucher an, dass hierzu
bisher keine Einigung erzielt worden sei. Der SPÖ-Abgeordnete verwies
auch auf weitere Reformmaßnahmen wie die Öffnung des
Petitionsausschusses, in dem nun Rederecht bestehe und dessen
Sitzungen auch per Live-Übertragung öffentlich zugänglich gemacht
worden seien. Auch bei der Untersuchungskommission seien die Rechte
deutlich gestärkt worden. Zur Kritik an der Reform der
Geschäftsordnung auf Ebene der Bezirksvertretungen räumte Taucher
ein, dass womöglich nicht ausreichend Diskurs darüber stattgefunden
habe. Allerdings habe es zahlreiche Stellungnahmen aus den Bezirken
gegeben, die alle in den Prozess eingeflossen seien, so Taucher. (
Forts.) kri
Abstimmung: Die Änderungen der Geschäftsordnungen wurden
mehrstimmig beschlossen. Zwei Anträge der Grünen – darunter die
Änderung zum Interpellationsrecht – fanden nicht die notwendige
Mehrheit. (Forts.) kri