Wien (OTS) – “Jetzt das Richtige tun“ erinnerte die Armutskonferenz
heute vor dem
Bundeskanzleramt die Regierung an ihren eigenen Slogan. Mit einer
gemeinsamen Aktion im Regierungsviertel machte das österreichweite
Netz aus Sozialorganisationen, Armutsbetroffenen und
Forschungsinitiativen auf die „wichtigen Bausteine sozialer
Sicherheit und sozialen Zusammenhalts“ aufmerksam. Vertreterinnen und
Vertreter der Plattform Sichtbar Werden, die aus ihrem Alltag wissen,
was Armut heißt, zeigten, wie wichtig sozialstaatliche Sicherung für
alle ist, aber auch was es heißt, wenn sie eingerissen und kaputt
gemacht wird.
Foto:
https://www.armutskonferenz.at/media/gruppenbild_querformat_baustein-
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Konjunktur, Arbeitslosigkeit, Schere zwischen Arm & Reich
“Die Herausforderung jetzt ist, die Wirtschaft nicht abzuwürgen,
sondern Impulse zu setzen, die Arbeitslosigkeit nicht zu erhöhen,
sondern ihrem Anstieg entgegenzuwirken, die Schere zwischen Arm und
Reich nicht zu vergrößern, sondern noch Investitionen für die
schmerzhaften Lücken im Sozialstaat bereit zu stellen”, stellt das
Netwerk Armutskonferenz klar.
Einkommensabhängiger Klimabonus
Für ein gerechtes Budget, das den Klimabonus einkommensabhängig
reformiert, anstatt ihn ersatzlos zu streichen. Die Streichung des
Klimabonus ist ungerecht, weil Leute mit kleinen Einkommen in Stadt
und Land die höchsten Belastungen durch die CO2 Steuer haben. Am Land
verliert eine Familie mit zwei Kindern 870 Euro. Das unterste
Einkommenszehntel verliert 1,8%, das reichste bloß 0,3%, so die
Armutskonferenz.
Krankenversicherungsbeiträge belasten einkommensarme Senioren
Auch die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge bei älteren
Menschen wirkt regressiv, belastet also kleine Einkommen am
stärksten. Ausgleichszulagenbeziehende haben auch nichts von den
Abfederungsmaßnahmen über die Rezeptgebühren.
Sozialhilfe für ärmste 2% bei 0,4% des Budgets
Die Sozialhilfe kommt den ärmsten zwei Prozent der Bevölkerung zu
Gute, macht aber nur 0,4 Prozent des Staatsbudgets aus. “Mit der
Sozialhilfe das Budget sanieren zu wollen, ist unsachlich und
unseriös. Da sind die Maßstäbe in der öffentlichen Debatte völlig
entgleist”, so Sozialexperte Martin Schenk von der Armutskonferenz.
“Eine gute Mindestsicherung, die ja in Wahrheit das letzte soziale
Netz darstellt, muss Existenz, Chancen und Teilhabe sichern – und sie
muss die Würde der Betroffenen wahren, etwas, das auch nicht mehr
selbstverständlich ist.”
Die Schlagworte im Regierungsprogramm sind verwirrend und unklar.
Sollen die erwerbsfähigen Familien noch weniger bekommen, indem sie
auf die viel niedrigeren Familienzuschläge im Arbeitslosengeld (0,97
Euro am Tag) verwiesen werden? Wird zusätzlich noch die
Familienbeihilfe für sie gestrichen? Sind das Mindestsätze oder
Höchstsätze, die österreichweit für alle vereinheitlicht werden? Im
anderen Kapitel steht, dass die Kinderarmut halbiert und eine
Kindergrundsicherung eingeführt werden soll, während das
Nachbarkapitel Kindern in der Sozialhilfe die Existenz nimmt. „Klar
ist: Sozialhilfereform und Kindergrundsicherung müssen gemeinsam
konzipiert und aufeinander bezogen werden, sonst haben wir nachher
mehr Kinderarmut – nicht weniger“, fordern die Vertreter der
Armutskonferenz unsiono vor dem Bundeskanzleramt.
Jetzt das Richtige tun: 10 Bausteine für ein Österreich ohne
Armut
“Gerade wenn die Konjunktur einbricht, sind kluge Investitionen
und soziale Sicherheit wichtig”, so Sozialexperte Schenk von der
Armutskonferenz. Hier 10 Bausteine, die im Regierungsviertel heute
präsentiert wurden:
1. Für ein Österreich ohne Energiearmut
Einführung einer Energie-Grundsicherung, die den Grundbedarf an
Energie für alle Menschen sicherstellt. Die Stromkostenbremse soll in
der jetzigen Situation nicht einfach auslaufen, sondern in eine
Energiegrundsicherung weiterentwickelt werden. Ansatzpunkte
Regierungsprogramm: Sozialtarife, Energiepreis
2. Für ein Österreich ohne Wohnungsnot
Mehr günstigen leistbaren Wohnraum und mehr Investitionen in den
öffentlichen und gemeinnützigen Wohnbau: Ansatzpunkte
Regierungsprogramm: Zweckwidmung Wohnbauförderung, Bau- und
Sanierungsoffensive
3. Für ein Österreich ohne krankmachende Lebensbedingungen
Einführung einer Gesundheitsverträglichkeitsprüfung. Gesetze,
Maßnahmen und Verordnungen sollen auf ihre Folgen überprüft werden,
besonders in ihren Auswirkungen auf Menschen mit wenig Einkommen und
sozialer Benachteiligung.
4. Für ein Österreich ohne Lücken in der Gesundheitsversorgung
Betroffene, Peers, Genesungsbegleiter:innen bekommen einen
selbstverständlichen Platz in der Gesundheitsversorgung. Ausbau von
Social Prescribing, aufsuchender mobiler Arbeit und
kassenfinanzierter Therapieplätze. Ansatzpunkte Regierungsprogramm:
Ausbau Therapieplätze, Social Prescribing, Primärversorgung
5. Für ein Österreich ohne Bildungsarmut
Rasche und flächendeckende Einführung des „Chancenbonus“ für sozial
benachteiligte Schulstandorte. Teilt Mittel zu, mit dem die Schulen
Unterricht und Unterstützung verbessern können. Ansatzpunkt
Regierungsprogramm: Chancenbonus
6. Für ein Österreich ohne soziale Klimaschäden
Klimabonus einkommensabhängig gestalten: Durch einen sozialen
Klimabonus wird die stärkere Belastung ärmerer Haushalte durch CO2
Steuer ausgeglichen.
7. Für ein Österreich ohne Kinderarmut
Unterhaltsvorschuss zu Unterhaltsicherung ausbauen. 36 Prozent der
Kinder von Alleinerziehenden müssen gänzlich ohne Unterhaltszahlungen
oder Ersatzleistungen auskommen. Ansatzpunkte Regierungsprogramm:
Unterhaltsgarantiefonds, Kindergrundsicherung
8. Für ein Österreich ohne rechtliche Willkür
Verfassung um soziale Menschenrechte vervollständigen. Unser
Grundrechtskatalog bleibt eine halbe Sache, wenn nicht auch die
sozialen Existenzgrundlagen abgesichert werden. Anknüpfungspunkt
Regierungsprogramm: Verfassungskonvent
9. Für ein Österreich ohne Barrieren
Schlechte Sozialhilfe verhindert, dass Menschen mit Behinderungen ein
selbstbestimmtes Leben führen können. Unterhaltspflicht von Eltern
gegenüber Kindern mit Behinderungen mit dem 25. Lebensjahr begrenzen
10. Für ein Österreich ohne Armut
Zukunftsinvestitionen in Kinderbetreuung, Wohnen, Pflege und
Gesundheit: hilft Konjunktur, Arbeitsplätzen und den Betroffenen.