Wien (OTS) – Nach Tod und Bestattung von Papst Franziskus treten die
Kardinäle nun
jeden Tag zusammen („Generalkongregationen“), um über die Situation
von Kirche und Welt zu beraten – und auszuloten, welches Profil der
nächste Papst haben sollte. Nach Ende der insgesamt neun Tage
dauernden Trauerzeit werden die Kardinäle voraussichtlich Anfang
nächster Woche ins Konklave einziehen, um in der Sixtinischen Kapelle
– abgeschottet von der Außenwelt – den neuen Papst zu wählen.
„Hier wird der Stellvertreter Christi auf Erden gewählt“, fasst der
renommierte Kirchenhistoriker und Bestsellerautor Hubert Wolf den
Anspruch der Institution Konklave zusammen: „Gott wählt eigentlich,
der Heilige Geist wählt – und wir, die wir draußen stehen auf dem
Petersplatz, wir wären wahnsinnig gern dabei!“ Diesem „Dabeisein“
kommt die „kreuz und quer“-Dokumentation „Konklave – Das letzte
Geheimnis“ von Michael Cencig und Fritz Kalteis am Dienstag, dem 29.
April 2025, um 23.05 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON nahe. Und das will
etwas heißen, denn seit rund 750 Jahren findet jedes Konklave hinter
verschlossenen Türen statt, wie schon das Wort sagt: Konklave – cum
clavis – mit dem Schlüssel zugesperrt.
Die Kardinäle der katholischen Kirche, die zu offiziellen Anlässen in
Rot gekleidet sind, gelten als Papstberater und Senat der Kirche.
Ihre wichtigste Aufgabe ist die Papstwahl. Wer sie sind, wie sie es
werden und was sie tun – damit beschäftigt sich Christian Rathners
„kreuz und quer“-Dokumentation „Männer in Rot – Der Papst und seine
Kardinäle“ (0.00 Uhr).
„Konklave – Das letzte Geheimnis“ – Ein Film von Michael Cencig
und Fritz Kalteis
Seit Gregor X., der 1271 nach einer Papstwahl, die sich über drei
Jahre hingezogen hatte, zum Oberhaupt der römischen Kirche gewählt
wurde, ist das Konklave als letztgültige Form der Papstwahl
festgeschrieben. In der ORF/BR-Koproduktion „Konklave – Das letzte
Geheimnis“ wird dieser Papst in einem dramaturgischen Kunstgriff zum
Zeitreisenden in Sachen Konklave erklärt bzw. zum Zeitzeugen über die
Jahrhunderte hinweg bis in unsere Tage. Gregor X. und zugleich den
Host, der durch den Film führt, gibt Josefstadt-Schauspieler Paul
Matic.
In der Stadt Viterbo, 80 Kilometer nördlich von Rom, wurde das
Konklave als Modus der Papstwahl erfunden. Die Altstadt von Viterbo
mit dem Palazzo dei Papi, dem Papstpalast, erinnert bis heute an die
Zeit, als Viterbo das Machtzentrum der Christenheit war. Im
Mittelalter flüchteten die Päpste vor allem im Sommer gerne aus dem
malariaverseuchten Rom in kühlere Orte wie Viterbo. Papst Clemens IV.
hatte aber einen weiteren Grund, Rom zu meiden: In der Stadt tobten
Kämpfe zwischen den großen Adelsfamilien. Im 13. Jahrhundert wurde
der Sitz des Papstes deswegen für ganze 24 Jahre sicherheitshalber
nach Viterbo verlegt. Und so starb Papst Clemens IV. Ende November
1268 in Viterbo, ohne jemals in Rom, der Hauptstadt der Christenheit,
residiert zu haben. „19 Kardinäle kommen Anfang September 1268 in
Viterbo zusammen, um einen Papst zu wählen“, erzählt Hubert Wolf:
„Sie sind die elitären Papstwähler – wir machen den Papst, wir sind
die Eminenzen – wenn nicht, dann gibt’s keinen. Gleichzeitig ist
diese Gruppe aber nicht homogen, sondern sie ist gespalten.“
Die Wahl des neuen Papstes droht zum Tauziehen zweier großer
Mächte zu werden. Auf der einen Seite das Heilige Römische Reich, auf
der anderen Seite Frankreich. Es geht um die Vorherrschaft in Europa
– und dazu braucht man den Papst. Zugleich verfolgt vermutlich jeder
einzelne Kardinal und Papstwähler auch seine eigenen Interessen. „Die
großen Bruchlinien verlaufen innerhalb Roms. Es geht um verschiedene
römische Familien, die sich bekriegt haben“, erklärt Historiker
Andreas Fischer, und Hubert Wolf ergänzt: „Diejenigen, die die
politische Macht in Rom haben, die möchten auch einen der ihren auf
dem Stuhl des Bischofs von Rom sitzen haben, um die damit verbundenen
Einkünfte und politischen Einflüsse nützen zu können. Und deshalb
kämpfen diese Familien nach Mafiamethoden mit wirklich harten
Bandagen um den Papstthron.“ Hinzu kommt, dass in der Zeit der
Sedisvakanz alle Einkünfte des Papstes an die Kardinäle fallen.
„Warum sollen die schnell wählen?“, fragt Hubert Wolf rhetorisch. Und
was ist mit dem Heiligen Geist, der doch eigentlich im Konklave in
besonderer Weise wirken soll? Vatikan-Journalistin Gudrun Sailer ist
überzeugt, dass der Heilige Geist im Konklave wirkt, indem er für
eine Atmosphäre sorgt, die es den Kardinälen ermöglicht, sich in
angemessener Zeit auf einen geeigneten Kandidaten zu einigen. In
Viterbo benötigten die Kardinäle dafür drei Jahre – und die Bürger
von Viterbo mussten mit drastischen Mitteln nachhelfen. Sie schlossen
die Kardinäle kurzerhand im Papstpalast ein. Als auch das nichts
half, wurde das Dach abgedeckt. Nach 1.006 Tagen fiel die Wahl auf
Tedaldo Visconti, den Archidiakon von Lüttich, der sich zu dieser
Zeit gerade auf Kreuzzug befand. Er sollte sich als gute Wahl
erweisen, denn er schrieb das Konklave als letztgültigen Modus der
Papstwahl fest. Und dabei beließ er es nicht, wie Hubert Wolf zu
erzählen weiß: „Er sagt, in der Zeit, in der sie im Konklave sind,
kriegen sie nicht nur nicht die Einkünfte des Papstes. Sie kriegen
auch nicht ihre eigenen Einkünfte – um sie zu motivieren, etwas
zügiger zu wählen. Das heißt also, da lernt jemand aus dieser
Situation und erfindet, was sich bis heute in der Papstwahl bewährt
hat – das Konklave.“
Im Lauf der Jahrhunderte ist das Konklave von einer Beugehaft für
renitente Kardinäle immer mehr zu einem spirituellen und gleichzeitig
öffentlichen Ereignis geworden. Und es ist der Gegensatz aus
Medienspektakel und strengster Geheimhaltung, aus vorgegebenem Ritus
und offenem Ausgang, der das Konklave zu einer solch wirksamen
Inszenierung macht. Zu Beginn jeder Papstwahl schwören die Kardinäle,
Geheimhaltung zu wahren. Kardinal Christoph Schönborn hält dies für
unabdingbar für die Freiheit der Wahl und damit die Freiheit der
Kirche. Aber er sieht auch der Tatsache ins Gesicht, dass sich nicht
immer alle Kardinäle an dieses Gebot der Geheimhaltung halten: „Ich
finde das traurig und auch empörend“, sagt er, „weil es sich dann im
Grunde um einen Meineid handelt.“ Die Geschichte des Konklaves zeigt:
Man hat immer wieder aus dem, was passiert ist, gelernt. Heute
verlangen neue Fragen nach neuen Antworten: Was ist zu tun, wenn ein
Papst zurücktritt, wie zuletzt Benedikt XVI.? Wenn es zwei Päpste
gibt? Was geschieht, wenn ein Papst ins Koma fällt? Gibt es so etwas
wie eine päpstliche Patientenverfügung? Sollen auch Laien an der
Papstwahl beteiligt werden – darunter Frauen? Änderungen wird es auch
weiterhin geben müssen. Das Geheimnis des Konklaves aber wird
bestehen bleiben und auch in Zukunft seine Faszination ausüben.
„Männer in Rot – Der Papst und seine Kardinäle“ – Ein Film von
Christian Rathner
Wenn es gilt, nach altem Ritual einen neuen Papst zu wählen,
finden die Männer in Rot weltweit Beachtung. Aber die Kardinäle sind
nicht nur Wahlmänner. Sie sind als „Senat der Kirche“ auch Vertraute
und Berater des Papstes, gelten als Vertreter der Weltkirche in Rom.
Die Dokumentation von Christian Rathner stellt einzelne
Persönlichkeiten in Kardinalsrot vor. Sie beleuchtet die
Herausforderungen der Kirche in unterschiedlichen Weltteilen und
versucht abzuschätzen, welche Kardinäle eine Chance haben könnten,
der nächste Papst zu werden.