Wien (OTS) – Am 24. April 2025 jährt sich der Einsturz des
Fabrikgebäudes Rana
Plaza in Bangladesch zum zwölften Mal. Mehr als 1.138 Menschen
verloren damals ihr Leben, überwiegend Textilarbeiter:innen, die
unter prekären Bedingungen für globale Modemarken produzierten. Der
Vorfall brachte die systemischen Missstände in der globalen
Bekleidungsindustrie zum Vorschein. Die Menschenrechtsorganisation
Südwind und die Clean Clothes Kampagne haben sich von Anfang an für
eine Wiedergutmachung des Schadens und effektive Schutzmechanismen
eingesetzt und bessere rechtliche Rahmenbedingungen für Textil-
Arbeiter:innen eingefordert.

„Obwohl Modemarken nach Rana Plaza Besserung gelobten, blieb die
nachhaltige Trendwende aus. Die Modebranche bleibt bis heute eine
Risikobranche für Menschenrechte und Umwelt“, sagt Gertrude
Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne bei Südwind.

Anlässlich des Jahrestags der Katastrophe erinnert Südwind an die
offenen Versprechen nach der Katastrophe und fordert dementsprechend
eine ambitionierte Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes.

Zwtl.: Fortschritte mit Lücken

Rana Plaza war kein Einzelfall, sondern die Folge tief
verwurzelter systemischer Probleme. Trotz einer Evakuierung am Vortag
mussten Arbeiter:innen am nächsten Tag weiterarbeiten, unter der
Androhung sonst keinen Lohn zu erhalten. Gewerkschaftliche
Organisation war kaum möglich. Fortschritte gab es erst auf Druck der
Öffentlichkeit: Nach einer Petition mit über einer Million
Unterschriften unterzeichneten Marken das rechtlich bindende Abkommen
zur Gebäudesicherheit, den so genannten „Bangladesch Accord“. „Das
Abkommen brachte wichtige Verbesserungen bei Brandschutz und
Gebäudesicherheit in Bangladeschs Textilfabriken. Dennoch haben viele
Unternehmen, darunter Amazon, Tom Tailor oder IKEA das potenziell
lebensrettende Abkommen bis heute nicht unterzeichnet und viele
Produktionsländer werden davon nicht erfasst“, sagt Südwind-Expertin
Klaffenböck.

Zwtl.: Hungerlöhne und Repression

Infolge der Katastrophe kündigten mehrere Modemarken gerechte
Löhne für ihre Textilarbeiter:innen an. Beispielsweise formulierte H&
M das Ziel, innerhalb von fünf Jahren existenzsichernde Löhne zu
zahlen. Tatsächlich liegen die Löhne bis heute weit unter dem
Existenzminimum. „Gerechte Löhne und sichere Arbeitsbedingungen sind
kein Entgegenkommen, sondern menschenrechtliche Pflicht. Die
Ankündigung von existenzsichernden Löhnen für Textilarbeiter:innen in
Bangladesch bleibt ein bis heute nicht eingelöstes Versprechen“, sagt
Gertrude Klaffenböck. Zwei Versuche, den Mindestlohn anzuheben,
scheiterten an der mangelnden Unterstützung durch die Modemarken. Es
kam zu Protesten und Gewalt gegen Gewerkschafter:innen und
Arbeiter:innen. Im Juni 2023 wurde der Bekleidungs-Gewerkschafter
Shahidul Islam bei Ausübung seiner Gewerkschaftsarbeit totgeschlagen.

Zwtl.: Ohne verbindliche Gesetze, keine Besserung

„Rana Plaza konnte passieren, weil Ausbeutung toleriert und
Kontrolle verweigert wurde. Ohne verbindliche gesetzliche Regeln
bleibt das Risiko bestehen“, warnt Kalpona Akter, Gründerin des
Bangladesh Centre for Worker Solidarity.

Opfer und Angehörige der Katastrophe hatten keine Möglichkeit,
Wiedergutmachung einzuklagen. Erst nach jahrelangen
zivilgesellschaftlichen Bemühungen gab es ein Entgegenkommen der
Modekonzerne. Genau hier sollte das 2023 verabschiedete EU-
Lieferkettengesetz ansetzen, um Geschädigten einen Weg zu ihrem Recht
zu ermöglichen. Doch gerade jetzt droht es durch politische
Abschwächungen ausgehöhlt zu werden. Südwind und die Clean Clothes
Kampagne appellieren an Abgeordnete des EU-Parlaments sowie die
österreichische Bundesregierung, die Richtlinie ohne weitere
Verzögerungen umzusetzen und die vorgebrachten
Abschwächungsvorschläge abzulehnen.