Wien (OTS) – Die Wirtschaft begrüßt das neue Lehrberufspaket, das
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer am Donnerstag
vorgestellt hat. Tatsächlich handelt es sich bei der
Lehrlingsausbildung angesichts des Fachkräftemangels um eine
„wirtschaftspolitische Zukunftsfrage“ für Österreich.

„Ja, es stimmt: Unsere Ausbildungsbetriebe leisten immens
wertvolle Arbeit. Es lohnt sich, gezielt in die Ausbildung unserer
Fachkräfte von morgen zu investieren“, betont Renate Scheichelbauer-
Schuster , Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, in der knapp
die Hälfte aller Lehrlinge ausgebildet wird. „Aktuell macht uns
folgende Entwicklung große Sorge: Den Ausbildungsbetrieben drohen
schon ab Sommer 2025 drastische Kürzungen in der
Lehrstellenförderung. Sie haben sich auf diesen Zuschuss verlassen
und ihn fix eingeplant, er ist auch eine symbolische Anerkennung.
Denn die Betriebe müssen immer mehr schulische und soziale Defizite
kompensieren, der Betreuungsaufwand und die Kosten sind massiv
gestiegen. Ich habe die große Sorge, dass eine Streichung für viele,
vor allem kleinere, Betriebe das Fass zum Überlaufen bringen könnte
und sie ab Herbst gar keine Lehrlinge mehr aufnehmen.“

Budget-Deckelung ist Unikum

Die Fakten: Die betriebliche Lehrlingsförderung ist laut
Förderrichtlinie aktuell bei 280 Mio. Euro gedeckelt. Ein großer
Anteil entfällt auf die Basisförderung, mit der die Lehrbetriebe für
ihre hohen Ausbildungsinvestitionen einen Zuschuss erhalten. Dieser
beträgt drei Lehrlings-Monatseinkommen (brutto) im ersten Lehrjahr,
sinkt danach auf zwei im zweiten Lehrjahr sowie ein Monatseinkommen
des Lehrlings im dritten Lehrjahr. Damit werden die
Ausbildungskosten, der personelle Aufwand, und die
ausbildungsbedingten Auszeiten (ein Fünftel seiner Zeit ist ein
Lehrling in der Berufsschule) zumindest etwas abgemildert.

„Unterm Strich ist damit nur ein Bruchteil der wahren Kosten für
die Ausbildungsbetriebe abgedeckt. Dabei ist die duale Ausbildung –
wie alle Berechnungen zeigen – die für den Staat kostengünstigste und
treffsicherste Ausbildungsform“, sagt Scheichelbauer-Schuster und
weist darauf hin, dass fast die Hälfte aller Ausbildungsbetriebe nur
exakt einen Lehrling ausbildet. Laut ibw-Umfrage sagen 15 Prozent der
Ausbildungsbetriebe, sie würden ohne Förderung sicher keine Lehrlinge
ausbilden. Weitere 37 Prozent würden die Ausbildung überdenken oder
reduzieren.

Staat spart durch Lehrlingsausbildung Geld

„Gerade inmitten der Konjunkturkrise müssen wir angesichts der
Sparnotwendigkeiten sehr genau hinsehen, wo man sparen kann, wo
besser nicht und welche Auswirkungen Einsparungen haben werden. Die
Lehrstellenförderung der Ausbildungsbetriebe erreicht doppelt
positive Effekte: Nämlich auf die Beschäftigung Jugendlicher
einerseits, da mit dem Ausbildungsplatz Zukunftsperspektiven
geschaffen werden und sie beim Start in ein selbstbestimmtes Leben
gestärkt werden. Und in der Ausbildung der neuen Fachkräfte
andererseits, da dies ein essenzieller Puzzlestein für die
Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts ist“, sagt Mariana Kühnel ,
stv. Generalsekretärin der WKÖ.

Aufgrund der in den vergangenen Jahren stark gestiegenen
Lehrlingseinkommen (Stichwort Inflation und KV-Abschlüsse) werden für
die betriebliche Lehrlingsförderung heuer zusätzliche 36,5 Mio. Euro
benötigt, um die getätigten Förderzusagen zu erfüllen. Nächstes Jahr
werden es voraussichtlich 50 Mio. Euro sein, die über die derzeitige
Deckelung hinausgehen.

Mariana Kühnel: „Die Lehrlingsausbildung ist für den Staat die
kostengünstigste Form der Ausbildung. Und sie führt zudem aufgrund
der Abgaben, die Lehrlinge über ihr Einkommen leisten, zu Einnahmen
des Bundes in Höhe von aktuell 400 Millionen Euro.“

Für den Staat ist das somit ein gutes Geschäft: Schon während der
Ausbildungszeit fließen Einnahmen an die öffentliche Hand zurück. Das
waren laut Statistik Austria zuletzt (2023) allein aus der
Lehrlingsausbildung 400 Mio. Euro an Einnahmen vor allem aus
Sozialversicherungs-Beiträgen und der Lohnsteuer. Die Bereitstellung
der mehr als 80 Millionen Euro für 2025 und 2026 wäre somit ein
wichtiges Signal an die 27.000 Ausbildungsbetriebe, auch im Herbst
wieder junge Menschen in die duale Ausbildung aufzunehmen.

„Hier zu kürzen wäre sehr kurzsichtig. Wir fürchten, dass eine
verlorene Lehrlingsgeneration droht. Wer hier spart, zahlt somit
doppelt und dreifach drauf. Denn alle Alternativen sind für den Staat
wesentlich teurer“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster.

Ausbildungskosten im Vergleich

Zum Vergleich: Für alle Jugendlichen unter 18 Jahren, die keine
Lehrstelle bekommen, müsste aufgrund der geltenden Ausbildungspflicht
ein Platz in der schulischen Ausbildung oder in einer
Überbetrieblichen Lehrlingsausbildung (ÜBA) finanziert werden. Beides
verursacht wesentlich höhere Kosten für den Staat. Ein Platz in der
ÜBA schlägt für die öffentliche Hand mit 23.039 Euro pro
Auszubildendem zu Buche, ein Schuljahr in BMS oder BHS kostet den
Staat im Schnitt 11.947 Euro pro Schüler:in. Zum Vergleich: Die
betriebliche Lehrlingsausbildung verursacht der öffentlichen Hand
jährliche Kosten von 7.688 Euro pro Lehrling (für Berufsschule und
Förderung). Rechnet man die Rückflüsse aus Abgaben und Steuern ein,
sinken diese Kosten auf 3.577 Euro pro Ausbildungsplatz. (PWK136/HSP)

Weitere Zahlen, Daten und Fakten: Factsheet zur
Lehrlingsausbildung