Der KOBV Österreich sorgt mit einer scharfen Kritik an der Österreichischen Gesundheitskassa (ÖGK) für Aufsehen. Der Verband, der die Interessen von Menschen mit Behinderungen vertritt, hat sich vehement gegen die Wiedereinführung von Selbstbehalten bei Krankentransporten ausgesprochen. Diese Maßnahme tritt am 1. Juli 2025 in Kraft und wird als Teil eines Maßnahmenpakets zur Sanierung der finanziell angeschlagenen ÖGK eingeführt.

Die brisanten Details der Selbstbehalte

Die geplanten Selbstbehalte belaufen sich auf 7,55 Euro pro Taxifahrt und 15,10 Euro pro Sanitätstransport. Diese Beträge sollen für maximal 28 Fahrten jährlich gelten. Die ÖGK rechtfertigt diese Maßnahmen mit einem drohenden Defizit, das bis 2029 auf über 1,3 Milliarden Euro anwachsen könnte. Doch der KOBV sieht darin eine massive Benachteiligung für Menschen mit Behinderungen.

„Ja, wir erkennen die außergewöhnlich angespannte Finanzlage der ÖGK und des gesamten Systems an“, so ein Sprecher des KOBV. „Nein, wir akzeptieren nicht, dass Menschen mit Behinderungen dadurch strukturell benachteiligt werden.“

Solidarprinzip in Gefahr?

Der KOBV argumentiert, dass die Einführung von Selbstbehalten ein Abweichen vom Solidarprinzip darstellt, insbesondere wenn diese pauschal eingeführt werden. Das Solidarprinzip ist ein grundlegendes Prinzip des österreichischen Gesundheitssystems, das darauf abzielt, die Kosten der Gesundheitsversorgung gleichmäßig auf alle Bürger zu verteilen, unabhängig von deren individueller Gesundheitslage.

In der jetzigen Form könnten die Selbstbehalte jedoch dazu führen, dass gerade die Schwächsten in der Gesellschaft, nämlich Menschen mit Behinderungen, unverhältnismäßig stark belastet werden. Dies widerspricht dem Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit, der in Österreich hochgehalten wird.

Forderungen des KOBV

Der KOBV hat klare Forderungen an die Politik und die ÖGK gestellt, um die Belastungen für Menschen mit Behinderungen zu minimieren:

  • Erweiterung der Ausnahmen: Neben Dialyse-, Chemo- oder Strahlenbehandelten sollen auch Menschen mit dauerhafter Mobilitätseinschränkung von den Selbstbehalten befreit werden.
  • Soziale Staffelung: Eine einkommens- und bedarfsorientierte Staffelung der Selbstbehalte muss gesetzlich verankert werden. Dies soll sicherstellen, dass die Verwaltungskosten gering bleiben und die Belastung gerecht verteilt wird.
  • Barrierefreie Alternativen: Der Ausbau ambulanter, barrierefreier Strukturen soll gefördert werden, um langfristig Kosten zu senken und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Historische Perspektive

Die Einführung von Selbstbehalten ist in Österreich nicht neu. Bereits in den 1990er Jahren wurden ähnliche Maßnahmen diskutiert, um die steigenden Kosten im Gesundheitswesen zu decken. Damals wie heute stießen solche Maßnahmen auf heftige Kritik, insbesondere von Seiten der Sozialverbände und politischen Parteien, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Der demografische Wandel und die damit verbundenen Herausforderungen, wie eine alternde Bevölkerung und steigende Gesundheitsausgaben, haben den Druck auf das Gesundheitssystem in den letzten Jahrzehnten weiter erhöht. Die aktuelle Diskussion um die Selbstbehalte ist somit Teil eines langjährigen Trends, der versucht, die finanzielle Nachhaltigkeit des Systems zu sichern.

Vergleich mit anderen Bundesländern

Ein Blick auf andere Bundesländer zeigt, dass die Problematik der Selbstbehalte nicht auf Österreich beschränkt ist. In Deutschland beispielsweise gibt es ähnliche Diskussionen über Zuzahlungen im Gesundheitswesen. Auch dort stehen die sozialen Auswirkungen solcher Maßnahmen im Fokus der Debatte.

In der Schweiz hingegen ist das System der Selbstbehalte fest verankert. Dort zahlen die Versicherten einen festen Betrag pro Jahr, bevor die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Dieses System wird oft als Vorbild für andere Länder genannt, da es die Eigenverantwortung der Versicherten stärkt, aber auch soziale Härten mit sich bringen kann.

Konkrete Auswirkungen auf die Bürger

Die Einführung der Selbstbehalte wird direkte Auswirkungen auf die Bürger haben, insbesondere auf Menschen mit Behinderungen. Für viele von ihnen sind Krankentransporte ein unverzichtbarer Teil des Alltags, sei es für Arztbesuche, Therapien oder andere notwendige Behandlungen.

Ein fiktiver Experte erklärt: „Für Menschen mit Behinderungen, die auf regelmäßige Krankentransporte angewiesen sind, könnten die zusätzlichen Kosten eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Dies könnte dazu führen, dass notwendige Behandlungen aus Kostengründen verschoben oder gar nicht wahrgenommen werden.“

Zukunftsausblick

Die Diskussion um die Selbstbehalte könnte in den kommenden Monaten weiter an Fahrt gewinnen. Es bleibt abzuwarten, wie die Politik auf die Forderungen des KOBV reagieren wird. Eine mögliche Lösung könnte in der Einführung einer sozialen Staffelung der Selbstbehalte liegen, die sicherstellt, dass Menschen mit geringem Einkommen oder besonderen Bedürfnissen nicht übermäßig belastet werden.

Ein weiteres Szenario könnte die verstärkte Förderung barrierefreier Alternativen im Gesundheitswesen sein. Dies könnte langfristig dazu beitragen, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken und gleichzeitig die Versorgungssicherheit für alle Bürger zu gewährleisten.

Politische Zusammenhänge

Die Diskussion um die Selbstbehalte ist eng mit der aktuellen politischen Lage in Österreich verknüpft. Die Regierung steht unter Druck, die finanzielle Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems zu sichern, ohne dabei soziale Härten zu verursachen.

Ein fiktiver politischer Analyst kommentiert: „Die Einführung von Selbstbehalten könnte für die Regierung zu einem politischen Minenfeld werden. Einerseits muss sie die finanzielle Stabilität des Gesundheitssystems sicherstellen, andererseits darf sie die sozialen Grundrechte nicht gefährden. Ein schwieriger Balanceakt, der Fingerspitzengefühl erfordert.“

Es bleibt zu hoffen, dass die Diskussionen zu einer fairen und gerechten Lösung führen, die den Bedürfnissen aller Bürger gerecht wird. Die nächsten Wochen und Monate könnten entscheidend für die Zukunft des österreichischen Gesundheitssystems sein.