Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Am 23. Juni 2025 veröffentlichte die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 eine brisante Liste, die das Potenzial hat, die Landwirtschaft in Österreich grundlegend zu verändern. Die Liste enthält Informationen über sogenannte ‚Ewigkeits-Pestizide‘, die in der österreichischen Getreideproduktion weit verbreitet sind. Diese Pestizide enthalten PFAS, eine Gruppe von Chemikalien, die in der Umwelt nicht abgebaut werden und als besonders langlebig gelten.
Was sind PFAS und warum sind sie problematisch?
PFAS steht für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, eine Gruppe von Chemikalien, die in einer Vielzahl von industriellen Anwendungen und Konsumgütern verwendet werden. Sie sind bekannt für ihre wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften. Die Problematik liegt darin, dass PFAS in der Umwelt extrem stabil sind und sich im Laufe der Zeit in Böden, Wasser und Lebewesen anreichern können. Eine besonders bedenkliche Substanz, die bei ihrem Abbau entsteht, ist Trifluoracetat (TFA), das als potenziell fortpflanzungsschädlich gilt.
Ergebnisse der Untersuchung: Ein Weckruf für die Landwirtschaft
Die Untersuchung von GLOBAL 2000, die in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer Oberösterreich durchgeführt wurde, brachte alarmierende Ergebnisse ans Licht. Von den 590 in Österreich zugelassenen Pestizid-Produkten für den Anbau von Getreide wie Weizen, Roggen und Mais enthalten 98 Produkte PFAS-Wirkstoffe. Das entspricht einem Anteil von 17 %. Die verbleibenden Pestizide sind entweder chemisch-synthetisch, aber PFAS-frei, oder es handelt sich um biologische Produkte, die im Biolandbau zugelassen sind.
Die unsichtbare Gefahr im Boden und Wasser
Ein zentrales Problem ist die fehlende Kennzeichnung der PFAS-haltigen Pestizide. Landwirte können nicht erkennen, welche Produkte langfristig die gefährliche Chemikalie TFA in ihren Böden und im Grundwasser hinterlassen. Dies führt zu einer unsichtbaren, aber nachhaltigen Belastung der Umwelt und stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar.
Historische Dimensionen: Ein globales Problem
PFAS sind kein neues Problem. Schon seit den 1940er Jahren werden diese Chemikalien industriell hergestellt und haben seither ihren Weg in eine Vielzahl von Produkten gefunden, von Teflonpfannen bis zu Feuerlöschschäumen. Die Langzeitwirkungen dieser Substanzen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit sind erst in den letzten Jahrzehnten ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Weltweit gibt es inzwischen Bestrebungen, den Einsatz von PFAS zu regulieren oder ganz zu verbieten.
Österreich im Vergleich: Ein Vorreiter oder Nachzügler?
Im internationalen Vergleich steht Österreich in puncto Umweltschutz oft als Vorbild da. Doch die aktuelle Situation zeigt, dass auch hier dringender Handlungsbedarf besteht. Während Länder wie Schweden und Dänemark bereits strenge Regelungen für PFAS eingeführt haben, hinkt Österreich hinterher. Die Veröffentlichung der Liste durch GLOBAL 2000 könnte jedoch ein Wendepunkt sein und den Druck auf politische Entscheidungsträger erhöhen, Maßnahmen zu ergreifen.
Die Auswirkungen auf den Verbraucher: Was bedeutet das für uns?
Die Kontamination von Getreideprodukten mit PFAS hat direkte Auswirkungen auf die Konsumenten. Getreide ist ein Grundnahrungsmittel und bildet die Basis vieler Lebensmittelprodukte. Eine Belastung mit TFA könnte langfristige gesundheitliche Folgen haben, insbesondere im Hinblick auf die Fortpflanzungsfähigkeit und das Hormonsystem. Experten warnen, dass die fortgesetzte Aufnahme solcher Chemikalien durch die Nahrungskette nicht unterschätzt werden sollte.
Expertenmeinung: Ein Appell zur Umstellung
Ein Umweltchemiker von GLOBAL 2000 betont, dass ein Verbot von PFAS-haltigen Pestiziden keinen Kahlschlag in der Landwirtschaft bedeuten würde. Es gibt zahlreiche Alternativen, sowohl chemisch-synthetische als auch biologische, die ohne PFAS auskommen. Zwar könne die Umstellung in Einzelfällen herausfordernd sein, doch die langfristigen Vorteile für Umwelt und Gesundheit seien unbestreitbar.
Die Rolle der Landwirtschaftskammer: Ein Aufruf zur Transparenz
GLOBAL 2000 appelliert an die Landwirtschaftskammer, die Informationen über PFAS-haltige Pestizide an ihre Mitglieder weiterzugeben und über PFAS-freie Alternativen zu informieren. Die Landwirtschaftskammer könnte eine Schlüsselrolle dabei spielen, den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft zu unterstützen und die Landwirte bei der Umstellung zu begleiten.
Ein Blick in die Zukunft: Was wird sich ändern?
Die Veröffentlichung der Liste könnte ein Katalysator für Veränderungen sein. Politische Entscheidungsträger könnten nun gezwungen sein, sich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen und gesetzliche Regelungen zu verschärfen. Für die Landwirtschaft bedeutet dies möglicherweise eine Umstellung auf andere Pestizide oder Anbaumethoden, was zwar kurzfristig mit Aufwand verbunden sein könnte, aber langfristig Vorteile für Umwelt und Gesundheit bringt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Veröffentlichung der Liste der PFAS-haltigen Pestizide im Getreidebau durch GLOBAL 2000 ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Transparenz und Umweltschutz ist. Es bleibt abzuwarten, wie schnell und umfassend die notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden, um die Belastung von Böden und Gewässern durch diese ‚Ewigkeits-Chemikalien‘ zu reduzieren.