Der Umgang mit dem Lebensende ist ein Thema, das uns alle betrifft, aber nur selten offen diskutiert wird. Am 31. Oktober 2025 fand in Wien eine Pressekonferenz statt, die von der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) und dem Dachverband HOSPIZ Österreich (DVHÖ) organisiert wurde. Im Mittelpunkt stand die Rolle von Hospiz- und Palliativversorgung in Zeiten, in denen der assistierte Suizid in Österreich legal ist. Diese Veranstaltung war nicht nur eine Plattform für die Vorstellung neuer Entwicklungen, sondern auch ein Aufruf, die Bedeutung von Hospiz- und Palliativpflege in der Gesellschaft neu zu bewerten.

Ein neuer Umgang mit Sterbewünschen

Seit 2022 ist der assistierte Suizid in Österreich unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Diese gesetzliche Regelung hat nicht nur ethische, sondern auch praktische Herausforderungen für Fachpersonal, Betroffene und Angehörige geschaffen. Laut den Vertretern der OPG und HOSPIZ Österreich ist es unerlässlich, neutrale Anlaufstellen für Information, Beratung und Begleitung zu schaffen. Diese sollen Menschen helfen, informierte Entscheidungen über ihr Lebensende zu treffen.

Ein häufiges Missverständnis ist, dass ein geäußerter Sterbewunsch automatisch bedeutet, dass eine Hospiz- oder Palliativbetreuung nicht mehr in Frage kommt. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die Hospiz- und Palliativversorgung zielt darauf ab, Leiden zu lindern und die Lebensqualität zu unterstützen, ohne dabei das Leben künstlich zu verkürzen oder zu verlängern.

Würde und Lebensqualität bis zuletzt

Die Würde des Menschen steht im Zentrum der Hospizarbeit, unabhängig von seinem Gesundheitszustand. Barbara Schwarz, eine der Sprecherinnen der Pressekonferenz, betonte: „Würde bedeutet nicht totale Kontrolle über das eigene Schicksal. Sie ist jedem Menschen eigen – ob gesund oder krank, jung oder alt.“ Diese Aussage unterstreicht, dass der Wert eines Menschenlebens nicht an seiner Produktivität oder seinem Gesundheitszustand gemessen werden sollte.

Durch professionelle Schmerztherapie und Symptomlinderung kann Hospiz- und Palliativpflege ein gutes Leben bis zuletzt ermöglichen. Dr. Gudrun Kreye von der OPG erklärte, dass niemand in Österreich in Schmerz oder Angst sterben müsse, wenn rechtzeitig das Netz der Hospiz- und Palliativversorgung in Anspruch genommen werde. Dieses Netz ist durch das Hospiz- und Palliativfondsgesetz (HosPalFG) gefördert und soll sicherstellen, dass die Versorgung für alle zugänglich und leistbar ist.

Die gesellschaftliche Verantwortung

Die Herausforderungen, die mit dem assistierten Suizid einhergehen, sind nicht nur medizinischer, sondern auch gesellschaftlicher Natur. Die Pressekonferenz forderte die Politik und Gesellschaft auf, die Hospiz- und Palliativversorgung auszubauen und die Finanzierung von Supervision, Fortbildung und ethischer Fallbesprechung zu sichern. Die Attraktivität des Arbeitsfeldes müsse gesteigert werden, um mehr Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

  • Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung unter Einbindung der Fachgesellschaften
  • Gesicherte Finanzierung von Supervision, Fortbildung und interprofessionellen Teams
  • Anlaufstellen für Sterbeverfügung und assistierten Suizid mit klaren Zuständigkeiten
  • Mehr Unterstützung für Mitarbeitende in Pflege, Medizin sowie in der Hospiz- und Palliativversorgung

Diese Forderungen sind nicht nur Appelle an die Politik, sondern auch an die Gesellschaft, die Verantwortung für ihre schwächsten Mitglieder zu übernehmen. Die Idee von Caring Communities, in denen Familien, Nachbarschaften und Freundeskreise füreinander Verantwortung übernehmen, wurde als zukunftsweisend hervorgehoben.

Ein Blick in die Zukunft

Die demografische Entwicklung und die veränderten gesellschaftlichen Strukturen werden den Bedarf an Hospiz- und Palliativversorgung in den kommenden Jahrzehnten stark erhöhen. Die Zukunft liegt im Aufbau von Netzwerken, die nicht nur auf professionelle Pflege, sondern auch auf Selbsthilfe und Gesundheitskompetenz setzen. Projekte, die Menschen aller Altersgruppen motivieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sind entscheidend für die Entwicklung solcher Netzwerke.

„Wir wollen eine Gesellschaft, in der gutes Leben bis zuletzt möglich ist und jede und jeder weiß, dass sie oder er im Sterben nicht allein gelassen wird“, so Dr. Gudrun Kreye. Diese Vision erfordert nicht nur strukturelle Veränderungen, sondern auch einen kulturellen Wandel in der Art und Weise, wie wir über das Lebensende denken und sprechen.

Fazit: Ein Appell an die Menschlichkeit

Die Pressekonferenz in Wien war mehr als nur eine Informationsveranstaltung. Sie war ein Appell an die Menschlichkeit und die Verantwortung, die wir als Gesellschaft für unsere schwächsten Mitglieder tragen. Die Herausforderungen, die mit dem assistierten Suizid und der Hospiz- und Palliativversorgung einhergehen, sind komplex und erfordern eine breite gesellschaftliche Diskussion. Doch sie bieten auch die Chance, die Art und Weise, wie wir über Leben und Tod denken, grundlegend zu verändern.

Die Rolle von Hospiz- und Palliativpflege in unserer Gesellschaft ist von unschätzbarem Wert. Sie bietet nicht nur medizinische Unterstützung, sondern auch emotionale und spirituelle Begleitung, die es Menschen ermöglicht, ihr Lebensende in Würde zu erleben. Diese Arbeit verdient nicht nur Anerkennung, sondern auch die nötige Unterstützung, um in Zukunft noch mehr Menschen erreichen zu können.

Weitere Informationen zu den Einrichtungen und der Arbeit von HOSPIZ Österreich und der OPG finden Sie auf ihren Websites.