Am 30. Juni 2025 war St. Pölten der Schauplatz einer hitzigen Debatte, die die Landwirtschaft in Niederösterreich erschütterte. Die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Niederösterreich (LKN) wurde zum Schauplatz eines leidenschaftlichen Appells von Präsident Johannes Schmuckenschlager, der die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation als bedrohlich für die heimische Landwirtschaft bezeichnete. Die Forderung nach politischer Klarheit und einer Abkehr von Symbolpolitik könnte nicht dringlicher sein.

Die Herausforderungen der heimischen Landwirtschaft

Die heimische Landwirtschaft steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Die internationale Krisenlage und wirtschaftliche Unsicherheiten, verstärkt durch bürokratische Hürden, machen den Landwirten das Leben schwer. Schmuckenschlager hebt hervor, dass die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln die Grundlage für Stabilität und gesellschaftlichen Zusammenhalt bildet. Doch ohne klare Rahmenbedingungen droht den bäuerlichen Familienbetrieben das Aus.

Symbolpolitik versus reale Probleme

Besonders scharf kritisiert Schmuckenschlager die Forderung der Arbeiterkammer nach einer Lebensmittelpreisbremse. Er bezeichnet dies als Symbolpolitik, die den wahren Herausforderungen der Landwirtschaft nicht gerecht wird. „Eine Preisdeckelung bei Lebensmitteln als Reaktion auf gestiegene Lebenserhaltungskosten vorzuschlagen, verkennt die Realität in der heimischen Landwirtschaft und setzt ein fatales Signal“, so Schmuckenschlager.

  • 25 Prozent aller gekauften Lebensmittel landen im Müll, ein ökologisch und ethisch nicht vertretbarer Zustand.
  • Allein in Wien wird täglich so viel Brot entsorgt, wie Graz insgesamt konsumiert.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass das Problem weniger in den Preisen als im Umgang mit Lebensmitteln liegt. Schmuckenschlager fordert einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln, um Kosten zu sparen und die Wertigkeit von Lebensmitteln zu schätzen.

Die Forderung nach einer neuen Agrarpolitik

Die Landwirtschaftskammer fordert, dass die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2027 auf EU-Ebene abgesichert wird. Der sogenannte „Single Plan“, der die Finanzierung den Mitgliedstaaten überlässt, wird entschieden abgelehnt. „Kontinuität ist oft die wirksamste Form der Vereinfachung“, erklärt Schmuckenschlager.

Pflanzenschutz und Bürokratie

Ein weiteres großes Problem ist die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Die Landwirtschaftskammer warnt vor Engpässen, die die Produktion gefährden könnten. Die Initiative von Bundesminister Norbert Totschnig für ein „EU-Zukunftskonzept für effektiven Pflanzenschutz“ wird unterstützt, allerdings müsse auch auf nationaler Ebene gehandelt werden.

Bürokratische Auflagen dürfen nicht über EU-Vorgaben hinausgehen. Verfahren wie die gegenseitige Anerkennung müssen rascher und praxisnäher abgewickelt werden, um die Produktion nicht zu gefährden.

Entwaldungsverordnung und ihre Folgen

Die europäische Entwaldungsverordnung (EUDR) bringt neue bürokratische Auflagen mit sich, obwohl in Österreich keine Entwaldung stattfindet. Die Kammer fordert, Österreich als „Null-Risiko“-Land einzustufen, um den bürokratischen Mehraufwand zu vermeiden.

Die politische Dimension

Die politische Dimension dieser Debatte ist nicht zu unterschätzen. Die Forderungen der Landwirtschaftskammer haben das Potenzial, die Agrarpolitik auf EU-Ebene zu beeinflussen. Eine klare und verlässliche Agrarpolitik ist notwendig, um die bäuerlichen Betriebe zu unterstützen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Die Auswirkungen auf die Bürger

Die Auswirkungen dieser Debatte sind weitreichend. Eine stabile und verlässliche Landwirtschaft sichert nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln, sondern auch Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Stabilität in ländlichen Regionen. Die Forderung nach einer Preisbremse könnte hingegen zu einer Verschärfung der Probleme führen und die Landwirte zusätzlich belasten.

Ein Ausblick in die Zukunft

Die Zukunft der Landwirtschaft in Niederösterreich hängt von den politischen Entscheidungen ab, die in den kommenden Monaten getroffen werden. Die EU-Kommission wird im Sommer erste Vorschläge für die Ausrichtung der GAP nach 2027 vorlegen. Die Landwirtschaftskammer wird weiterhin Druck ausüben, um die Interessen der heimischen Landwirte zu vertreten.

Die Diskussion um die Lebensmittelpreisbremse wird ebenfalls weitergehen. Schmuckenschlager bleibt dabei, dass ein bewusster Umgang mit Lebensmitteln der Schlüssel zu einer nachhaltigen und wirtschaftlich sinnvollen Lösung ist.

Die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Niederösterreich hat gezeigt, dass die Landwirtschaft in einer kritischen Phase steckt. Die Forderung nach politischer Klarheit und einer Abkehr von Symbolpolitik wird die Diskussionen in den kommenden Monaten prägen.

Für weitere Informationen zur Vollversammlung und den Forderungen der Landwirtschaftskammer können Sie den vollständigen Bericht hier einsehen.