Der 24. Juni 2025 markiert einen Wendepunkt im österreichischen Strafrecht. Eine bahnbrechende Entscheidung des Justizausschusses könnte das digitale Verhalten vieler Menschen drastisch ändern. Der Ausschuss befürwortete die Einführung eines neuen Straftatbestands, der das Versenden sogenannter „Dick Pics“ unter Strafe stellt. Doch was genau steckt hinter dieser Entscheidung und welche Auswirkungen könnte sie auf den Alltag der Bürger haben?
Einführung des neuen Straftatbestands
Der Justizausschuss des österreichischen Nationalrats hat heute eine Regierungsvorlage von Justizministerin Anna Sporrer zur Änderung des Strafgesetzbuchs befürwortet. Diese sieht vor, das ungefragte Zusenden von Bildaufnahmen menschlicher Genitalien, umgangssprachlich als „Dick Pics“ bekannt, zu kriminalisieren. Damit schließt sich Österreich einer Reihe von Ländern an, die diese Form der sexuellen Belästigung bereits strafrechtlich verfolgen.
Warum diese Änderung?
In der digitalen Welt, in der Kommunikation über soziale Medien und Messaging-Apps allgegenwärtig ist, kommt es immer häufiger zu unaufgeforderten und unerwünschten Zusendungen von Bildern, die intime Körperteile zeigen. Diese Praxis wird als „Cyberflashing“ bezeichnet und ist eine spezielle Form der sexuellen Belästigung, die sowohl von Fremden als auch von bekannten Personen ausgehen kann.
Laut Justizministerin Sporrer sei dies ein Schritt, um die gravierenden psychischen Auswirkungen solcher Belästigungen zu bekämpfen. „Ein hoher Prozentsatz von Frauen und Mädchen ist von dieser Art der Belästigung betroffen“, betonte sie in einer Pressekonferenz, „und es ist an der Zeit, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, sich zu wehren.“
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Das neue Gesetz sieht vor, dass das Versenden solcher Bilder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen geahndet werden kann. Die Betroffenen haben dabei die Möglichkeit, den Gerichtsweg zu beschreiten, ohne ein Kostenrisiko einzugehen, was im Gegensatz zu den meisten Privatanklagedelikten steht.
Was genau ist strafbar?
Strafbar ist die unaufgeforderte und absichtliche Übermittlung von Bildaufnahmen, die menschliche Genitalien zeigen. Bilder, auf denen Genitalien nur im Hintergrund oder aus großer Entfernung zu sehen sind, etwa auf Strandfotos, sind von der Regelung nicht erfasst.
Politische Reaktionen
Die Regierungsvorlage erhielt Unterstützung von den Parteien ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. Die FPÖ hingegen äußerte zwar Verständnis für das Anliegen, bezweifelte jedoch die Eignung des Strafrechts als Mittel zur Bekämpfung dieser Belästigung. Ein FPÖ-Abgeordneter wies darauf hin, dass das Verwaltungsstrafrecht möglicherweise besser geeignet wäre, um niederschwellige, unüberlegte Handlungen junger Menschen zu sanktionieren.
Ein weiterer Aspekt der Diskussion ist die Einbindung des neuen Straftatbestands in die bis 2027 umzusetzende EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines Straftatbestands gegen Cyberflashing.
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die Einführung dieses Straftatbestands könnte weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Experten warnen jedoch vor möglichen unbeabsichtigten Konsequenzen. Ein Experte für digitales Recht erklärt: „Es besteht die Gefahr, dass junge Menschen, die sich der Tragweite ihrer Handlungen nicht bewusst sind, kriminalisiert werden.“
Auf der anderen Seite könnte das Gesetz dazu beitragen, das Bewusstsein für die Grenzen der digitalen Kommunikation zu schärfen und den Respekt im Umgang miteinander zu fördern. „Es ist wichtig, dass wir klare Grenzen ziehen, was akzeptables Verhalten im digitalen Raum betrifft“, so ein weiterer Experte.
Historische Vergleiche
Der Umgang mit sexueller Belästigung hat sich im Laufe der Geschichte stark gewandelt. In vielen westlichen Ländern wurden erst in den letzten Jahrzehnten umfassende Gesetze eingeführt, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und in öffentlichen Räumen unter Strafe stellen. Die Digitalisierung hat jedoch neue Herausforderungen mit sich gebracht, die nun auch gesetzlich adressiert werden müssen.
Vergleichbare Gesetze wurden bereits in Ländern wie den USA und Großbritannien eingeführt, wo das Versenden von „Dick Pics“ unter bestimmten Umständen als kriminelle Handlung angesehen wird.
Ein Blick in die Zukunft
Die Gesetzesänderung könnte ein wichtiger Schritt in Richtung einer sichereren digitalen Kommunikationskultur sein. Sie könnte auch als Vorbild für andere Länder dienen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Die Umsetzung und Durchsetzung des Gesetzes wird jedoch entscheidend dafür sein, wie effektiv es im Kampf gegen Cyberflashing ist.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Gesetzesänderung auf das Verhalten im digitalen Raum auswirken wird. Fest steht jedoch, dass sie ein deutliches Signal setzt: Sexuelle Belästigung, ob offline oder online, wird nicht toleriert.
Für weitere Informationen zur Gesetzesänderung und den politischen Hintergründen besuchen Sie bitte die offizielle Pressemitteilung.