Der ehemalige Wiener Kulturstadtrat Peter Marboe hat Schülern eines Wiener Gymnasiums in einem exklusiven Workshop tiefe Einblicke in die bewegte Geschichte des österreichischen Staatsvertrags gewährt. Seine Erzählungen über den Jubeltag am 15. Mai 1955, als Österreich seine Freiheit zurückerlangte, ziehen die Zuhörer in ihren Bann.
Ein Tag, der die Nation veränderte
Es war ein unvergesslicher Moment für den jungen Peter Marboe, als er am Radio die Unterzeichnung des Staatsvertrags verfolgte. Mit fast 13 Jahren erlebte er, wie die Familie voller Freude zum Belvedere fuhr, um diesen historischen Tag zu feiern. „Das Gefühl, wirklich frei zu sein“, beschreibt Marboe diesen Tag voller Glück.
Die Angst der Besatzungszeit
In den Jahren vor der Unterzeichnung war die Stimmung von Angst und Frustration geprägt. Marboe sprach von der bedrückenden Zeit in der Sowjetzone und wie die Hoffnung auf Freiheit endlich Realität wurde. Die Medienlandschaft, stark von den Alliierten beeinflusst, wandelte sich mit dem Staatsvertrag zu einer unabhängigen Informationsquelle.
Onkel Leopold: Der Mann hinter der Freiheit
Marboe hat eine persönliche Verbindung zu Leopold Figl, dem Mann, der den Staatsvertrag für Österreich unterzeichnete. Als Verwandter und Weggefährte beschreibt Marboe Figl als zuversichtlichen Visionär, der ohne Hass am Wiederaufbau Österreichs arbeitete. Seine Glaubwürdigkeit machte ihn zum perfekten Verhandlungspartner für die Alliierten.
Die unerschütterliche Macht der Demokratie
Für Marboe ist Demokratie das Schlüsselwort jener Zeit. Sie bedeutete Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit. Gerade für die junge Generation sei es wichtig, den Wert der Demokratie zu erkennen und zu bewahren.
Ein unantastbares Erbe
Auf die Frage, was am Staatsvertrag zu ändern sei, antwortet Marboe entschlossen: „Nix“. Das Regelwerk sei in mühsamen Verhandlungen geglückt und solle nicht leichtfertig infrage gestellt werden. Dennoch plädiert er für eine Debatte über Neutralität und die Aufarbeitung der Vergangenheit.
Minderheitenschutz: Ein unterschätzter Aspekt
Ein oft übersehener Punkt des Staatsvertrags ist der Minderheitenschutz, der laut Marboe nur zögerlich umgesetzt wurde. Er fordert, Minderheiten als Bereicherung zu sehen, nicht als Bedrohung.
Peter Marboe, geboren 1942 in Wien, hat eine beeindruckende Karriere hinter sich, die ihn vom Diplomaten zum Wiener Kulturstadtrat führte. Mehr über diesen spannenden Workshop und die eindrucksvollen Erzählungen von Peter Marboe finden Sie im Webportal des Parlaments.